Die Zunft Fluntern am Sechseläuten (1895 bis 1995)

Nachdem zehn wackere Fluntermer am 19. April 1895 die "Zunftgesellschaft Fluntern" gegründet hatten, stand bereits am 21. April 1895 das erste Sechseläuten an. Die Fluntermer feierten dieses unter sich im Restaurant "Plattengarten" im Quartier. Die Chronik erzählt von einem "Nachtessen mit Gesangsvorträgen, Deklamationen, Scherzen und Spielen". Offensichtlich amüsierten sich die Anwesenden so gut, dass spontan ein "Becherfonds" gegründet wurde.

Auch das Sechseläuten 1896 wurde noch im kleinen Rahmen im Plattengarten begangen. Anschliessend an ein Nachtessen wird von einer "Wanderung den Berg hinauf zum Abkühlen" berichtet, die in den frühen Morgenstunden stattgefunden haben soll, unterbrochen von Halten zum "Ständchensingen".

Am 2. März 1897 wird die Zunft Fluntern einstimmig ins Sechesläuten-Central-Comité (heute Zentralkomitee der Zünfte Zürichs, ZZZ) aufgenommen. Am 26. April 1897 nimmt die Zunft Fluntern zum ersten Mal am Sechseläutenumzug teil. In diesem Jahr fand ein Jungendumzug zum Thema "Die Jugend in Geschichte und Märchen" statt. Fluntern stellte die Gruppe "Flucht der Klosterschüler von St. Gallen vor den Hunnen nach dem Hohentwiel anno 933".

Zum ersten Sechseläuten wurden ein silberner Becher, Abzeichen und Laternen beschafft. Mit der Harmonie Weiningen wurde das erste Zunftspiel bestimmt und Zünfter Rudolf Gujer-Müller spendete ein Zunftbanner. Somit konnten die ersten Abendbesuche in der Zunftgeschichte würdig empfangen werden. Der erste Besuch aus der Altstatt, der im "Plattengarten" Einlass begehrte, war die Zunft zur Saffran, der ein sehr sympathischer Auftakt gelang, brachten sie als Sprecher doch den Fluntermer Quartierpfarrer Johan Alfred Usteri mit. Fluntern besuchte seinerseits Saffran, Stadtzunft, Drei Könige und Weggen.

Vor dem ersten Weltkrieg fanden noch nicht jedes Jahr Umzüge statt. So wurden zum Beispiel 1900 und 1901 zwar Bööggen verbrannt, die Umzugstätigkeit beschränkte sich jedoch auf die gegenseitigen Zunftbesuche. Am Sechseläuten 1905, zum zehnjährigen Zunftjubiläum, führte die Zunft im Quartier einen Umzug mit 200 kostümierten Kindern zum Thema "Die vier Jahreszeiten" durch. Dieser habe solchen Anklang gefunden, dass sich viele neue Zünfter einschreiben liessen. Am Abend mache die Zunft keine Besuche, erhielt aber solche von sieben Gratulanten (Gerwe/Schuhmachern, Saffran, Stadtzunft, Zimmerleuten, Riesbach, Dreikönigen und Hottingen). 1906 fand ein Sechseläutenumzug zum Thema "Zürich im letzten Jahrhundert" statt. Die Fluntermer stellten die Gruppe "Österreichische Wachtparade im Juli 1799". Es wird von 25 Mann Soldaten, 30 Knaben, 20 Mädchen und 25 Mann Militärmusik (Dragonermusik Colmar) berichtet.

1910 beschliesst die Zunft die Anschaffung von Kostümen durch die Zünfter "auf dass das Bild farbiger werde". Am Sechseläuten 1911 konnte das Sujet "Knonauer Bauern" erstmals gezeigt werden. Die Knonauer Bauern hatten als Fluntermer Zunftkostüme bis 1950 Bestand. Am Sechseläuten 1922 zeigt sich die Zunft Fluntern erstmals mit einer Reitergruppe von acht Mann (ebenfalls in Knonauer Kostümen).

Einen grossen Erneuerungsschub bei den Kostümen brachte das Sechseläuten 1951. Im Rahmen der 600-Jahrfeier "Zürich im Bund der Eidgenossen" wurde ein grosser historischer Umzug durchgeführt. Die Zunft Fluntern bildet die neuen Kostümgruppen "Standesreiter", "Hochwacht", "Fluntermer Grenadiere" und "Ausrufer". Diese Gruppen prägen den Auftritt der Zunft am Sechseläutenumzug im Wesentlichen bis heute. 1957 kommt die Gruppe der "Stadtbürger aus dem 18. Jahrhundert" und 1977 die Augustiner Chorherren dazu. Seit 1970 zeigt sich auch das Zunftspiel in Ausrufer-Kostümen.

Das Sechseläuten 1956 brachte der ersten Auftritt der Harmonie Unterstrass als Zunftspiel. Sie sollte bis 1980 das Spiel der Zunft Fluntern bleiben. Mit 24 Jahren als Zunftmusik schlug sie ihre Vorgängerin, die Feldmusik Baar (23 Jahre) knapp. Den Rekord als Fluntermer Zunftspiel hält aber immer noch das erste Spiel, die Harmonie Weiningen mit 67 Jahren. Seit 1980 stellt die Stadtmusik Kloten das Zunftspiel von Fluntern. Mit bis heute 27 Jahren als Spiel ist die Stadtmusik Kloten fester und wichtiger Bestandteil des Zünftigen Jahresprogramms. Unser Zunftspiel begleitet die Zunft nicht nur während dem Sechseläutenumzug und auf den abendlichen Zunftbesuchen, sondern bereichert auch jedes Jahr das Martinimahl mit einem anspruchsvollen Konzert.

1980 übernimmt Ehrenzünfter Gottfried Bersinger die Aufgabe, für das Schweizer Fernsehen den Kommentar zur Live-Übertragung des "Zuges der Zünfte zum Feuer" zu sprechen. Er wird für über ein Jahrzahnt die "Stimme des Sechseläutens" bleiben.

1986, zur Feier "650 Jahre Zürcher Zünfte 1336 – 1986" wird ein Sechseläutenumzug mit 52 historischen Persönlichkeiten veranstaltet. Die Zunft Fluntern zeigt den französischen General André Masséna, dem wir den Sturz des Zunftregimes zu verdanken hatten und Regula Engel-Egli, die "Fluntermer Amazone", Gattin des Obersten Florian Engel, die ihren Mann in alle Feldzüge begleitete.